Dienstag, 14. Juni 2011

Verschwörungen, Dossiers und das Spiel mit dem Feuer

Die Hintergründe des "vatikanischen" Dossiers über eine angebliche kirchenspalterische Verschwörung im Umfeld der Deutschen Bischofskonferenz haben sich mittlerweile ja weitgehend aufgeklärt (siehe Guido Horsts Blog). Viel Lärm um Nichts - könnte man jetzt sagen und die Sache ad acta legen.

Ganz so einfach scheint mir die Sache aber nicht zu sein, denn einige Dinge fallen doch unangenehm auf:

  1. Die ganze Verschwörungstheorie ist konstruiert und völlig überzogen. Jeder weiss, dass es in der deutschen Kirche Menschen gibt, die sich Veränderungen wünschen, die man im seinerzeitigen Kirchenvolksbegehren und zuletzt auch im Theologen-Memorandum nachlesen kann. Dass diese Menschen gelegentlich versuchen, sich Gehör zu verschaffen und das ein solches Thema dann auch einmal "konzentriert" gespielt wird, hat viel mit den Mechanismen unserer Mediengesellschaft zu tun, aber wenig mit einer "Verschwörung". Hierzu würde dann doch etwas mehr gehören.
  2. Der FOCUS-Artikel (ich kenne ihn bisher nur aus dem Bericht bei kath.net) ist erschreckend unbedarft. Wenn da ernsthaft behauptet wird, eine Mehrheit der deutschen Generalvikare sei bereit "Dogmen (!) über Bord zu werfen", sagt das nichts über die deutschen Generalvikare, aber sehr viel über die Unkenntnis des Verfassers bezüglich der Verhältnisse in der deutschen Kirche. Ebenso merkwürdig ist die Alternative zwischen einer "horizontalen" Kirche, in der auch Glaubenssätze Gegenstand von Mehrheitsentscheidungen werden können, und einer "vertikalen" Kirche, die "überlieferte Sakramente durch die Zeiten trägt". Sakramente werden meines Wissens gespendet und nicht "durch die Zeiten getragen" - und gibt es irgendeinen Anhaltspunkt, dass z.B. die "Memorandisti" eines der sieben Sakramente abschaffen wollen? 
  3. Wirklich bedenklich ist die Leichtigkeit, mit der hier (und leider auch bei Matthias Matussek) mit dem Feuer der Kirchenspaltung gespielt wird. Ich bin kein "Weichei", das Wortspiele aus dem Bereich der Kriegskunst per se für anstössig hält, aber passen recht schnoddrig hingeworfene Sprüche wie "geänderte Gefechtslage" und "die Schlachtreihen stehen" zum Pfingstfest? Ist das machtvollste Bild der Pfingstgeschichte nicht die Überwindung der babylonischen Sprachverwirrung und zeigt sich in dieser Überwindung der Heilige Geist nicht vor allem als Geist der Einheit? Kann jemand, der sich als "Traditions-Katholik" bezeichnet und zu dessen Unterscheidungsmerkmalen gegenüber den "Progressiven" es gehört, an die Heilsnotwendigkeit der Zugehörigkeit zur "una sancta catholica" zu glauben, launige Vorschläge machen, wie man Teile dieser Kirche an den Protestantismus abtritt? 
Die Spaltungen im Leib Christi sind ein Skandal und eine Wunde - für lustige Gedankenspiele taugen sie ganz sicher nicht ...

1 Kommentar:

  1. Danke für die klaren Worte gegen Spaltungstendenzen. Vielleicht kann trotz verschiedener Positionen das Gespräch tatsächlich gelingen. Ich werde Ihr Blog regelmäßig besuchen.

    Herzliche Grüße
    Gerd Häfner

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