Mittwoch, 15. Februar 2012

Adversus Schmidbergeris II

In dem auf kath.net veröffentlichten Interview gibt Pater Schmidberger einen kurzen Abriss der "Argumente", die seine Bruderschaft gegen die Rechtgläubigkeit des II. Vatikanischen Konzils und eine "Hermeneutik der Kontinuität", d.h. die organische Anknüpfung seiner Lehren an die bisherige Lehrverkündigung der Kirche vorbringt. Nichts wäre besser geeignet, um sich ein klare Bild von der geistigen Verfassung der FSSPX zu machen als diese "ipsissima verba" eines "Distriktoberen":
In „Lumen gentium“ heißt es gleich in § 1, die Kirche sei das Sakrament der Einheit des Menschengeschlechtes. Aber wo in der Heiligen Schrift, bei welchem Kirchenvater, in welcher päpstlichen Verlautbarung und in welchem Konzil hat man jemals etwas Ähnliches gelesen? Die Kirche ist dazu eingesetzt, den mystischen Herrenleib aufzubauen und dazu die Seelen mit dem übernatürlichen Glaubens- und Gnadenleben zu beschenken, aber eben nicht zu einer innerweltlichen Menschheitsverbrüderung.
Das Konzil, so der implizite Vorwurf, verkündet die Kirche nicht mehr als von Gott eingesetztes Heils-Instrument, sondern will sie den flachen Idealen und Utopien einer "innerweltlichen Menschheitsverbrüderung" unterordnen (Wenn P. Schmidberger unter seinesgleichen ist, fügt er hier wahrscheinlich noch Hinweise auf die französische Revolution, die Freimaurerei und die UNO hinzu). Nun lesen wir einmal den Originaltext:
Christus ist das Licht der Völker. Darum ist es der dringende Wunsch dieser im Heiligen Geist versammelten Heiligen Synode, alle Menschen durch seine Herrlichkeit, die auf dem Antlitz der Kirche widerscheint, zu erleuchten, indem sie das Evangelium allen Geschöpfen verkündet (vgl. Mk 16,15). Die Kirche ist ja in Christus gleichsam das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit. Deshalb möchte sie das Thema der vorausgehenden Konzilien fortführen, ihr Wesen und ihre universale Sendung ihren Gläubigen und aller Welt eingehender erklären. Die gegenwärtigen Zeitverhältnisse geben dieser Aufgabe der Kirche eine besondere Dringlichkeit, daß nämlich alle Menschen, die heute durch vielfältige soziale, technische und kulturelle Bande enger miteinander verbunden sind, auch die volle Einheit in Christus erlangen.
Der Taschenspielertrick von Pater Schmidberger besteht - wie bei allen geistigen Falschmünzern aller Zeiten - in einer Auslassung und in einer Hinzufügung. Das Konzil sagt nicht einfach, dass die Kirche das Sakrament der Einheit des Menschengeschlechtes sei, sondern "Zeichen und Werkzeug der innigsten Vereinigung mit Gott" sowie der "Einheit der ganzen Menschheit". "Werkzeug der innigsten Vereinigung mit Gott" (das ist die trickreiche Auslassung) will ja nichts anderes sagen, als dass in der Kirche und ihrem Gnadenleben der Mensch der Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott teilhaftig wird, d.h. - in der Sprache der Tradition, von der diese Leute immer faseln - sein übernatürliches Ziel erreicht. Diese Sendung der Kirche, den Menschen das Leben Gottes in Jesus Christus zu bringen, ist universal, d.h. sie richtet sich - pardon für die narzisstische Kränkung, aber es ist unser Herr selbst, der hier "kränkt" - nicht nur an die kleine Schar der Piusbruderschaft, sondern an alle Menschen. Die wahre "Einheit des Menschengeschlechtes", die in der immer stärker zusammenwachsenden Welt (das Konzil sieht hier beinahe prophetisch die "Globalisierung" voraus) zu einer immer realeren Vision wird, kann also nicht "innerweltlich" (das ist die bösartige Hinzufügung des Paters) realisiert werden, sondern nur "in Christus" und durch seine Kirche.

Was, Herr Pater, bleibt von ihrem Argument übrig, wenn man den Text von Lumen Gentium mit der ehrlichen Gesinnung liest, die einem Kind der Kirche (ja, der auf den Felsen Petri erbauten lebendigen Kirche Jesu Christi und nicht des "Ewigen Roms", was auch so eine unreinliche Konstruktion ihrer After-Theologie ist) angemessen und selbstverständlich ist? Haben Sie diesen Text nie gelesen oder ist er für sie nur ein Steinbruch, aus dem man sich mit unlauteren Methoden bedient, um seine Ideologie zu transportieren? Schlimmer noch: Ist das vielleicht auch ganz allgemein Ihr Umgang mit den Texten der kirchlichen Tradition, die sie angeblich so hoch schätzen? Das mag Ihnen bei Ihrem Fanclub durchgehen, aber - Vorsicht! - es gibt Menschen, die Ihnen auf die Finger schauen und gegebenenfalls auch klopfen, weil ihnen diese Texte ("vor"- und "nachkonziliar") heilig sind und weil sie es nicht vertragen, wenn mit der Sprache (die ja auch ihre Heiligkeit hat für eine Religion, an deren Anfang der "Logos" steht) Schindluder getrieben wird von Demagogen und anderen Betrügern - tragen sie nun ein geistliches Gewand oder nicht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen