Freitag, 20. Dezember 2013

So steht es um die CDU

Hinter diesem freundlichen Gesicht
lauert das Grauen
Die Christlich-Demokratische Union bekommt einen neuen Generalsekretär. Er hat sein Amt noch nicht angetragen, da bahnt sich ein Skandal an. Der Mann steht unter dem Verdacht (bisher ist es nur ein Gerücht), er steht wirklich unter dem Verdacht (man wagt es kaum auszusprechen), also er steht unter dem Verdacht, ... ein Abtreibungsgegner zu sein. Der Beitrag bei SPON läuft unter der URL "cdu-generalsekretaer-peter-tauber-soll-abtreibungsgegner-sein". Man stelle sich das mal vor! Da könnte sich ein "ABTREIBUNGSGEGNER" in höchste Kreise der CDU eingeschlichen haben. Das Schwein!

Im SPON-Artikel dann auch der schöne Satz:
Ein Abtreibungsgegner als Angela Merkels General? Das passt nicht zum propagierten Selbstbild als moderne, weltoffene und sich verjüngende Volkspartei.
Einen Vorteil hat die Sache: Man weiß wenigstens wieder, warum man diese Partei nicht mehr wählt ...

Dienstag, 10. Dezember 2013

Evangelii Gaudium

Der Hl. Vater macht es einem bei der Lektüre seiner Exhortatio nicht einfach. Damit meine ich nicht nur die Länge des Textes, sondern auch die Art und Weise, wie er bestimmte Dinge formuliert. Was natürlich nicht heißen soll, dass das Lehrschreiben nicht sehr schöne und unmittelbar ansprechende Passagen enthält.

Als eingefleischter Freund der kirchlichen Lehre und einer angemessenen Liturgie bin ich aber z.B. an Punkt 95 hängengeblieben. Der Papst beschreibt in den beiden vorhergehenden Punkten eine "spirituelle Weltlichkeit", die er offensichtlich ganz schlimm findet. Er hält sie entweder für "Gnostizismus" oder "einen selbstbezogenen und prometheischen Neu-Pelagianismus" (94). In Punkt 95 sagt er dann konkreter:
"Diese bedrohliche Weltlichkeit zeigt sich in vielen Verhaltensweisen, die scheinbar entgegengesetzt sind, aber denselben Anspruch erheben, 'den Raum der Kirche zu beherrschen'. Bei einigen ist eine ostentative Pflege der Liturgie, der Lehre und des Ansehens der Kirche festzustellen, doch ohne dass ihnen die wirkliche Einsenkung des Evangeliums in das Gottesvolk und die konkreten Erfordernisse der Geschichte Sorgen bereiten. Auf diese Weise verwandelt sich das Leben der Kirche in ein Museumsstück oder in ein Eigentum einiger weniger".
Sicher nicht nur bei mir lenkt die Formulierung von der "ostentativen Pflege der Liturgie und der Lehre" die Gedanken in Richtung ganz bestimmter Gruppen innerhalb der Kirche. Und ich frage mich im nächsten Schritt, woher der Hl. Vater denn so genau weiß, dass die Mitglieder dieser Gruppen sich nicht um die "Einsenkung des Evangeliums in das Gottesvolk" sorgen?

Nun könnte man antworten, es ginge dem Papst eben darum, vor bestimmten Fehlentwicklungen in diesen Gruppen zu warnen. Aber ginge das nicht auch anders? Und passt diese Art von "Schubladen-Denken" gerade in Kombination mit konkreten Häresie-Begriffen ("Neu-Pelagianismus") zu dem Anspruch, das Evangelium so zu verkünden, dass sich niemand ausgeschlossen fühlt? Müssen sich nicht alle diejenigen (und ich meine sehr viele solche Menschen zu kennen) herabgesetzt fühlen, die gerade aus der Sorge um die Evangelisierung Liturgie und Lehre pflegen?

Warum formuliert er diese Passage nicht z.B. so:
"Es ist gut, die Liturgie und die Lehre zu pflegen und um das Ansehen der Kirche besorgt zu sein. Dies darf aber nie getrennt sein von der Sorge um die wirkliche Einsenkung des Evangeliums in das Gottesvolk. Andernfalls droht die Gefahr, dass das Leben der Kirche sich in ein Museumsstück verwandelt und zum Eigentum einiger weniger wird".
Oder will er eigentlich doch sagen, dass die "Pflege von Liturgie und Lehre" kein Gut darstellt oder gar per se im Widerspruch zur "wirklichen Einsenkung des Evangeliums in das Gottesvolk" steht? Etwa, weil die Kirche nur dann Kirche im Sinne des Papstes ist, wenn man auch ihrer Liturgie und Lehre ein gewisses "Verbeult- und Verschmutzt-Sein" ansieht? Oder braucht man diese scheinbare Unversöhnlichkeit von "Pflege von Liturgie und Lehre" auf der einen und "wirklicher Evangelisierung" auf der anderen Seite vielleicht als Klischee, um diese Gruppen (weiter) zu delegitimieren?

Fragen über Fragen ...

Mittwoch, 4. Dezember 2013

Die schöne neue Welt

Schwestern, zur Freiheit, zur Sonne
Mit großer Freude habe ich vor einiger Zeit eine Predigt des Hl. Vaters über die "perverse Wurzel der Weltlichkeit" gelesen. Ausgehend von der Tageslesung aus dem 1. Buch der Makkabäer warnte Franziskus vor dem Wunsch, als Mitglied des Gottesvolkes nicht mehr in Opposition zur Welt leben zu wollen, der Faszination weltlicher Scheinwerte und -ideale zu erliegen, letztlich die Treue zum Herrn aufzukündigen und der Apostasie zu verfallen. Meine Freude hatte auch damit zu tun, dass Franziskus sich dabei explizit auf Hugh Benson und sein 1907 erschienenes Werk "Der Herr der Welt" bezog, in dem diese Frage zeitlos gültig abgehandelt wird. Heute meine man, so der Papst, dass "wir alle wie alle sein müssen, dass wir normaler sein müssen, wie das alle tun, mit diesem pubertären Fortschrittsdenken". Und dann gehe die Geschichte - wie bei den Makkabäern - weiter, "die Todesurteile, die Menschenopfer". „Ihr aber“, fragte Franziskus, „denkt ihr, dass heute keine Menschenopfer dargebracht werden? Sie werden dargebracht, viele! Und es gibt Gesetze, die diese schützen“.

Wie es der Zufall so will, stieß ich kurze Zeit später auf einen Beitrag von Sybille Berg, die bei SPON als Kolumnistin arbeitet und gerne gegen alles Konservative und erst recht Kirchliche wettert.

Der konkrete Anlass der Kolumne war wohl eine von der Zeitschrift "Compact" ausgerichtete Konferenz "Für die Zukunft der Familie" auf der - oh Schreck! - Thilo Sarrazin ("und andere, die aus den dunklen Erdspalten unserer schlechten Träume gekrochen sind" - wie poetisch) gesprochen hatte. Nach der gesinnungs-masturbativen Beschimpfung solcher schauderhaft-reaktionärer Kräfte ("Es gibt Fundamentalisten, Salafisten, Idioten und Euch"), kommt Frau Berg dann zur Sache:
"Ihr werdet die Entwicklung nicht aufhalten. Ihr werdet nichts Gutes bewirken, könnt ihr damit leben? 
Eure Kinder, Enkel, in korrekten heterosexuellen Beziehungen erzeugt, werden irgendwann sitzen, friedlich nebeneinander. Unter künstlichen Himmeln, in künstlichem Klima, das perfekt ist, immer warm, das Meer künstlich, die Seen, die Berge, aber nicht minder schön, die Sonne geht unter. Sie sitzen auf einem künstlichen Rasen, Vögel-Avatare, und sehen sich im Lesegerät Dinge von früher an. Aus der Zeit der Großeltern. 
Sie werden sich wundern über ihre Vorfahren, so wie wir uns heute über Sklaverei wundern, über Hexenverbrennung und die Steinzeit. Sie werden sich wundern in einer Welt, in der alle gleich sind, es keinen Rassismus mehr gibt, keinen Sexismus, in der Frauen und Männer und Menschen des dritten Geschlechts lieben, wen sie wollen, sich nicht bekämpfen. 
Und dann werden sie die Welt aufräumen, all das wieder in Ordnung bringen, was ihr vernachlässigt habt. Ihr hattet ja zu tun."
So sieht sie also aus, die schöne Neue Welt derjenigen, die aus Prinzip "das Gute" für sich gepachtet haben und die es kaum erwarten können, dass "aufgeräumt" wird mit der Welt von gestern, in der es Familien gab wie in der Steinzeit. Da lieben sich alle drei Geschlechter wie sie wollen und es herrscht der ewige Friede vor dem "Lesegerät". Und weil diese alte Welt, mit ihrer "korrekt heterosexuellen Zeugung" wohl selbst für Frau Sybille Berg etwas erschreckend Natürliches hat, ist die Neue Welt konsequenterweise ganz und gar "künstlich" - "aber nicht minder schön". Na klar.

Wer sich bei einer solchen Zukunftsvision nicht an das Paradies, sondern eher an die Hölle erinnert fühlt, wird es wohl vorziehen, das "pubertäre Fortschrittsdenken" mit seiner latenten Gewalttätigkeit Frau Sybille Berg und anderen Freunden des "Fürsten dieser Welt" zu überlassen und sich (gemeinsam mit Papst Franziskus) in der Treue zum Herrn üben, der uns eine wirkliche Vision der Zukunft verheißen hat - wenn auch nicht in diesem Äon.

Karneval in Rom

Unmittelbar nach der Wahl von "Papa Buenasera" wurde eine Geschichte kolportiert, die nicht unerheblich zu der Begeisterung für den neuen Pontifex Maximus in interessierten Kreisen gerade in Deutschland beigetragen hat: im Ankleideraum soll er nicht nur die vorbereitenten roten Schuhe und die Samtmozetta zurückgewiesen haben, sondern bei dieser Gelegenheit zum päpstlichen Zeremonienmeister gesagt haben: "Der Karneval ist jetzt vorbei". Genau weiß man das natürlich nicht - da so manches, was zunächst aus dem Mund des Papstes zu kommen schien, sich ja dann als mehr oder weniger freie Erfindung Dritter herausgestellt hat.

Beobachtet man jenseits solcher Äußerlichkeiten die faktischen Geschehnisse in Rom, kann einem durchaus der Gedanke kommen, der Karneval sei keineswegs vorbei, sondern habe im Gegenteil gerade erst angefangen. So ist es wohl ohne Präzedenzfall, dass ein atheistischer Schreiberling einer linksliberalen italienischen Zeitung seine Büttenrede zum Thema "Kirche" als Interview mit Originalzitaten des Papstes verkauft - und dieser Unfug dann umredigiert auf der offiziellen Website des Heiligen Stuhls landet.

Weit bedenklicher als diese Episode ist das Theaterstück, das z.Zt. auf der römischen Bühne unter dem Titel "Wiederverheiratete Geschiedene" aufgeführt wird. Ermuntert durch unklare päpstliche Äußerungen gibt der Erzbischof von Freiburg eine "Handreichung für die Seelsorge" heraus, die nicht mehr und nicht weniger darstellt als die offene Außerkraftsetzung der kirchlichen Lehre und des kirchlichen Rechts in seinem Sprengel. Postwendend liest der Präfekt der Glaubenskongregation - unter expliziter Berufung auf einen Auftrag des Hl. Vaters - dem Freiburger Ordinarius die Leviten und erläutert, warum die kirchliche Lehre in dieser Frage so ist wie sie ist und auch nicht geändert werden kann.

Im nächsten Akt des Dramas veröffentlicht der Papst ein Lehrschreiben, in dem die Frage der Wiederverheirateten Geschiedenen indirekt und erneut äußerst missverständlich angesprochen wird. Woraufhin der Sekretär der römischen Bischofssynode (angeblich ein besonders enger Vertrauter von Franziskus) ein Interview gibt, in dem er die "Freiburger Lesart" des päpstlichen Lehrschreibens unterstreicht und ankündigt, die ganze Angelegenheit werde - im klaren Widerspruch zu den Klarstellungen des Präfekten der Glaubenskongregation - auf den kommenden Synoden "ohne Tabus" diskutiert werden. Jenseits der Frage, warum ein römischer Prälat von "Tabus" spricht, wenn er Lehre und Recht der Kirche meint: wer spricht da eigentlich im Namen des Papstes?

Wenn das der künftige Regierungsstil ist, dann könnte die Haltung vieler Katholiken bald dem berühmten Satz von Kardinal Bartolucci entsprechen: "Sagt mir Bescheid, wenn der Zirkus vorüber ist".